„Eigentlich haben wir ein Sommermärchen der Humanität, der Hilfsbereitschaft“
sagte der Journalist Wolfram Weimer in der Talkshow Maybrit Illner. Das „Aber“ folgte kaum einen Atemzug später. Doch bevor ich zu dem Aber komme, erstmal ein paar Fotos davon, wie das „Sommermärchen“ in Sankt Goarshausen aussah.
Es hatte seinen Vorspann im Februar, als wir die ersten und Kennenlern-Nachmittage im Alten Rathaus organisierten.
Andernorts haben sich Dorf- oder Heimatvereine der Flüchtlinge angenommen, in Sankt Goarshausen sind es lose vernetzte Einzelinitiativen. Teils aus den Kirchengemeinden, einige aus dem SPD-Ortsverein, überwiegend aber Einzelpersonen, die selbst entscheiden, wie sie sich einbringen. So wie Wolfgang Menges, der einmal wöchentlich seine Werkstatt für alle Flüchtlinge mit Fahrrad- (und neuerdings auch Kinderwagen-)problemen öffnet. Andere helfen bei der Wohnungssuche oder bieten Mitfahrgelegenheit in die Kreisstadt, wenn einer der Flüchtlinge dort aufs Amt muss. Auch ich bin unversehens zur ehrenamtlichen Flüchtlingshelferin geworden.
Wichtig für die Flüchtlingshilfe ist, dass Räume vorhanden sind, wo sich Flüchtlinge, Flüchtlinge und Helfende, Flüchtlinge und Lehrer, treffen können. Die katholische Kirche stellt einen Raum mit Computern und Teeküche zur Verfügung, ein ordentliches Internetcafé. Die evangelische Kirchengemeinde öffnet ihren Gemeinderaum zweimal wöchentlich für den Sprachunterricht, der von der VHS ausnahmsweise hier vor Ort abgehalten wird, damit die Schüler keine langen Wege zurücklegen müssen.
Die meisten Flüchtlinge bei uns sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Viele sitzen seit über einem Jahr herum und warten. Wir nutzen die Zeit, um Grundlegendes zu klären und Orientierung zu geben.
Ich habe beim Wilhelm-Hofmann-Gymnasium angefragt, ob wir dort den Computerraum nutzen und eine Einführung in Microsoft-Programme geben dürfen, denn die gibt es auf den Rechnern in der Kirche nicht. Aus dem Gymnasium bekamen wir grünes Licht und freundlichste Unterstützung.
Inzwischen haben Axel Jost, ein pensionierter Lehrer, und Eleonore Jost, ehemalige Hochschullehrerin, das Projekt übernommen. Meine Vorstellung vom Computerunterricht war sehr ambitioniert. Sprachunterricht ist wohl doch wichtiger, und der Unterricht der Josts ist sehr beliebt. Sie haben Unterrichtsmaterial besorgt, das extra für den Sprachunterricht mit Flüchtlingen konzipiert wurde. Die Kosten dafür wurden von der rheinland-pfälzischen „Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung“ erstattet.
Das große Aber
Helfen macht Freude, aber ich habe das Gefühl, dass das was wir tun, längst nicht reicht. Eigentlich müsste man für die ersten Monaten eine Eins-zu-eins-Betreuung organisieren. Oder wenigstens flächendeckend Einführungskurse geben: Haustechnik, Haushaltsführung, Umweltschutz, Gleichberechtigung – auf diesen Gebieten haben viele der Einwanderer eine ganz andere Sozialisation. Das sollte kein Grund sein für Ängste oder Fremdheitsgefühle. Aber ein Argument dafür, die neuen (hoffentlich:) Mitbürger mit unserer Kultur zielstrebig vertraut zu machen. Das lässt sich kaum alles ehrenamtlich bewältigen. Bin gespannt, wann dazu „von oben“ ein paar taugliche Ideen kommen.