Asylbegehrende aus Eritrea und Syrien in Sankt Goarshausen
„Rheinland-Pfalz praktiziert deutschlandweit die humanste Flüchtlingspolitik. Flüchtlinge und Asylbewerber sind in unserem Land willkommen und wir kümmern uns um sie.“ So selbstsicher kommuniziert die Landesregierung das Thema Flüchtlingshilfe. Und wie sieht das hier unten an der Basis aus?
Dunkelhäutige junge Männer fallen in Sankt Goarshausen auf im Straßenbild. Ich sehe sie oft, wenn sie ihren Einkauf in Plastiktüten des örtlichen Rewe-Markts in ihre Unterkunft tragen.
Wo kommen sie her? Kann man mit ihnen sprechen? Lernen sie Deutsch? Werden sie hier bleiben?
Gestern habe ich auf einige dieser Fragen Antwort bekommen. Die katholische und die evangelische Kirchengemeinde in Sankt Goarshausen kümmern sich um die Flüchtlinge. Pfarrer Karl-Heinz Königstein hat mit seinen Mitabeiterinnen in der Kirche Sankt Johannes einen Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe von Spenden hat er hier ein Internetcafé eingerichtet. Da die jungen Männer in der Stadt noch kaum jemanden kennen, ist der Kontakt per Web in die alte Heimat für sie um so wichtiger, erklärt mir die Pfarrgemeinderätin Gabi Nies.
Ein Treffen in der Unterkirche
Für Samstag hatte sie in der Unterkirche ein gemeinsames Mittagessen organisiert. Weil ich die Flüchtlinge kennen lernen will, luden mich der Pfarrer und Pfarrgemeinderätin ein, dazu zu kommen. Ich wurde freundlich begrüßt und direkt in die Tischrunde einbezogen. Gabi Nies ist eine herzliche, zupackende Frau. Sie spricht Deutsch mit den jungen Männern aus Afrika, was auch sonst. Irgendwie funktioniert es mit der Verständigung.
Elias aus Eritrea ist einer der eifrigsten. In seiner Heimat hat er Bauingenieurwesen studiert, aber nicht abgeschlossen. Er zeigt mir das Dokument, das seinen Aufenthaltsstatus in Deutschland belegt. „Das Aufenthaltsrecht ist auf Rheinland-Pfalz beschränkt“, heißt es darin. Immerhin dürfen sich die Asylbegehrenden innerhalb der Landesgrenzen frei bewegen. Vielleicht deshalb kennt sich Elias schon erstaunlich gut aus. Als ich ihm erkläre, dass ich in der Nähe von Wiesbaden arbeite, sagt er: „Das ist – Hessen?“
Einmal sei er mit dem Fahrrad nach Koblenz gefahren, erzählt er mir stolz. Fahrräder werden übrigens noch gesucht. Mobilität ist teuer. Gabi Nies möchte den jungen Männern aus Eritrea und Syrien gerne den Koblenzer Weihnachtsmarkt zeigen oder mal mit ihnen nach Nastätten ins Kino fahren. Dafür sucht sie Unterstützung, denn natürlich passen nicht alle 10 potentiellen Mitfahrer ihr Auto. Willkommen sind deshalb PKW-FahrerInnen, die mitkommen und mitnehmen sowie Geldspenden für Bahnfahrten. Noch dringender scheint mir dieser Hilferuf: Es fehlen warme Bettdecken! Während ich dies schreibe, klingt mir schon der Einwand im Ohr: Ist dafür nicht die Gemeinde zuständig?
Ehrlich gesagt, ich werde mir nicht die Mühe machen, die Antwort auf diese Frage zu recherchieren. Fakt ist, dass die öffentliche Hand und vor allem die kleineren Städte und Gemeinden sehr schnell an ihre Grenzen stoßen, und zwar finanziell ebenso wie personell. Der Verwaltungsaufwand, um dies und das zu beschaffen, steht in keinem Verhältnis zu der Leichtigkeit, mit der Privatpersonen spenden können – und dem Glücksgefühl, das daraus für die Spendenden erwächst.
Auf Hilfe angewiesen. Hoffentlich nicht für lange
Pfarrer Königstein berichtete, dass er mit den Flüchtlingen in Nastätten, der nächstgrößeren Kleinstadt, war, um mit ihnen Unter- und Nachtwäsche zu kaufen. In dem Bekleidungsgeschäft bekamen sie spontan einen Teil der neuen Kleidung gespendet. Auch in Sankt Goarshausen und seinen Ortsteilen hat der Pfarrer Unterstützung für die Flüchtlinge gefunden. So kommen Glück, Menschlichkeit und Wärme in die Welt.
Elias zeigt mir in seinem Aufenthaltsdokument den Passus zur Erwerbstätigkeit. Darin heißt es, dass er bis zum 09.02.2015 nicht berechtigt sei, Arbeit aufzunehmen. Ob er einen Tag später, ab dem 10. Februar, arbeiten dürfe, fragt mich Elias. Ich kann ihm die Frage nicht beantworten und sage, dass es auf jeden Fall gut ist, weiter Deutsch zu lernen.
Gabi Nies gibt einmal wöchentlich Deutschunterricht, einen zweiten Termin bietet eine weitere Ehrenamtliche an. Auch der Deutschunterricht findet in der Unterkirche statt. Es gibt in dem Raum im Souterrain der Kirche eine Teeküche, einen Kickertisch und, ganz wichtig: Tische und Stühle. In der Unterkunft, wo die Flüchtlinge wohnen, sei für einen Tisch kein Platz, so dass gemeinsame Mahlzeiten oder Hausaufgaben-Machen schon deshalb unmöglich sind, sagt Gabi Nies.
Es geht bei der Hilfe für die Flüchtlinge nicht nur um Geld- und Sachspenden. „Wichtig ist, dass sie Kochen lernen“, sagt Pfarrer Königstein. Die jungen Afrikaner haben ihm berichtet, dass in ihrer Heimat die Frauen kochen, nicht die Männer. Erschwerend kommt dazu, dass sie die vertrauten Nahrungsmittel hier nicht kaufen können und unsere Lebensmitttel noch nicht hinreichend kennen.
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