Gegenüber, auf der anderen Rheinseite, etwa 490 Meter von meinem Haus entfernt, stehen die Zeichen auf Weihnachten, auch jetzt im Sommer. Im Schaufenster von „Stefan`s Wine and Christmas Paradiese“ spiegelt sich nämlich nicht nur unsere sonnenverwöhnte Rheinseite, sondern auch die Hoffnung der Betreiber, die Touristen mögen es mit den regionalen und jahreszeitlichen Fein- und Eigenheiten in Deutschland nicht so genau nehmen. Schwarzwälder Uhren, sächsische Schwibbögen und Weihnachtspyramiden, erzgebirgische Volkskunst.
Als ich am Mittwoch in Sankt Goar war, hatte sich gerade ein Bus indischer Touristen entleert. Frauen in Saris wirken hier exotisch, und es ist nicht zu erwarten, dass sie im Winter noch mal her kommen, um den Weihnachtsschmuck saisongemäß zu kaufen. Oder dass sie für erzgebirgische Holzkunst nach Sachsen und für Kuckucksuhren in den Schwarzwald fahren. Insofern hat Stefan`s Wine and Christmas Paradise natürlich seine Berechtigung. Warum sollte man Käthe Wohlfahrt den gesamten Touri-Kuchen überlassen. Ob die Inder aber überhaupt bei Stefan gekauft haben, weiß ich nicht. Ich bin zum Sandstrand gegangen, den ich sonst nur von der Ferne sehe (Ferne ist relativ, der Rhein ist hier 280 Meter breit, und der Strand liegt genau gegenüber von meinem Haus bzw. umgekehrt.)
Der Strand lag schon im Schatten des Rheinischen Schiefergebirges (hier: Hunsrück), und da muss man als Knipserin hart im Nehmen sein. Der Lichtblick dabei: Die Seite, die ich für mein hoffnungsvolles Investment gewählt habe, ist die Sonnenseite. Auch wenn drüben keine Busse mit indischen Touristen halten (Jedenfalls habe ich noch keine gesehen.)
Schamaris hatten einen Bus voll Aschaffenburger zur Weinprobe im Viereckigen Turm, und das ist ja auch schon was.
Läden wie „Stefan`s Wine and Christmas Paradise“ gibt es in Sankt Goarshausen nicht. (Noch nicht? Nicht mehr? Wer weiß). Nicht weil es an Platz mangeln würde. Genügend Läden stehen leer und böten Raum für Weihnachtspyramiden, Leuchterengel und Nikoläuse zu jeder Jahreszeit. Es fehlt wohl an Käufern für solche Schätze. Die Rheinsteig-Wanderer stehen eher nicht auf sowas. Und ich glaube, das kann für die Gemeinde auch von Vorteil sein. Sinnvoll wäre dagegen eine Pedelec-Ladestelle, die man sicher leicht auf dem neuen Rheinvorgelände am Fähranleger einrichten könnte.
Ich bin gespannt, wie die beiden Städte, hüben und drüben, sich entwickeln. Ich glaube, da geht noch was.